Krypto-Urteil des Bundesfinanzhofs ist unehrlich, doch erwartbar

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Das Krypto-Urteil des Bundesfinanzhof vom Februar 2023 ist unehrlich, doch gleichzeitig auch erwartbar. Ein privater Kläger wollte die geforderten Steuern nicht zahlen und argumentierte, die Besteuerung von Kryptowährungen sei praktisch nicht möglich. Der BFH behauptet hingegen, man sei durchaus dazu in der Lage, die Steuerschuld von Nutzern zu erkennen. Damit liegt die Behörde falsch. Eine Erklärung mit detailierter Anleitung.

Krypto-Urteil des Bundesfinanzhof: Was besagt es?

Steuerexperten sind sich einig: Kryptowährungen müssen in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Einkommenssteuersatz versteuert werden, sofern eine 365-tägige Haltepflicht unterschritten wird. Wer seine Kryptowährung kürzer hält und gegen Gewinn verkauft, der muss den Profit versteuern.

Wer Bitcoin und Co. hingegen länger als 365 Tage am Stück hält, ohne sie zu tauschen, der kann sie gegen Profit verkaufen und muss dabei keinen Cent Steuern verrichten – ganz legal. Was ist also das Besondere an dem Urteil?

Ein Mann aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen hatte 2014 BTC mit einer fünfstelligen Euro-Summe erworben. Wenige Jahre später tauschte er seine Bitcoin in verschiedene Kryptowährungen und dann wieder in BTC. Wiederum wenige Monate später verkaufte er diese Kryptos dann gegen eine Fiatwährung. Er erhielt eine Summe von 3,4 Millionen Euro.

Der genaue Vorfall ist hier zu lesen.

Auf diese Einnahmen forderte das Finanzamt dann 42 Prozent Steuern – in absoluten Zahlen 1,4 Millionen Euro. Der unbekannte Herr wollte dieser Forderung verständlicherweise nicht nachkommen und zog vors Gericht.

Der Bundesfinanzhof fällte im Februar 2023 schließlich ein endgültiges Urteil, das der Versteuerung von Kryptowährungen in Deutschland als rechtsgültiges Muster dient. Demnach sei die Forderung des Finanzamtes legitim gewesen und der Kläger muss ihr nachkommen.

Warum das Krypto-Urteil des BFH erwartbar, aber unehrlich ist

Interessant an dem Vorfall ist die Argumentationsweise des Klägers. Der Mann erklärte die Entrichtung für Steuern auf Kryptowährungen für ungültig, da ein strukturelles Vollzugsdefizit vorliege.

Demnach wäre es Behörden nicht möglich, die Steuerschuld der Nutzer im Bereich Krypto überhaupt zu erkennen. Entsprechend könne man keine Steuern fordern, da sie nicht von jedem Betroffenen gezahlt würde, sondern nur von einer Handvoll Personen, die sich dem behördlichen Zugriff nicht entziehen.

Der Bundesfinanzhof urteilte laut einer Pressemitteilung jedoch: “Ein strukturelles Vollzugsdefizit, das einer Besteuerung entgegensteht, liegt nicht vor.” Weiter erklärt man: Es liegen keine Anhaltspunkte vor, “dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden können.”

Diese Aussage des Bundesfinanzhofs ist falsch. Unklar ist, ob diese Annahme ehrlich ist oder ob die Behörde gegenüber der Realität tatsächlich ignorant ist. In meinen Augen ist das Urteil erwartbar. Ganz gleich, was der Hintergrund sein mag, ist ein Verzicht auf die Erhebung einer Steuer in Deutschland wohl abwegig.

Ein sogenanntes strukturelles Vollzugsdefizit liegt eben doch vor – besonders unter Beachtung der nur einjährigen Haltefrist. Um eine Besteuerung der Kryptowährungen zu umgehen, ist keine fortgeschrittene kriminelle Energie notwendig. Vielmehr wäre ein solches Vorgehen für jeden Nutzer mit geringstem Aufwand möglich.

Woher kennen Behörden den Steuerbetrag?

Wichtig für die Besteuerung sind Steuerereignisse. Im Fall von Krypotwährungen sind damit, wie bereits angesprochen, vor allem Tauschgeschäfte gemeint. Wird eine Kryptowährung in eine andere Währung getauscht – ganz gleich, ob ebenfalls Krypto – oder wird ein Produkt direkt mit Krypto bezahlt, entsteht ein Steuerereignis, das dann eine Steuerschuld nach sich ziehen kann.

Behörden können allerdings nur von einem Steuerereignis wissen, wenn die diesbezüglichen Daten gesammelt und nachempfunden werden können oder vom Nutzer selbst mitgeteilt werden.

In der Praxis dienen dafür vor allem KYC-Maßnahmen und öffentliche Blockchain-Daten, die von Blockchain-Analysten wie Chainalysis ausgewertet und Regierungen bereitgestellt werden können.

So können Daten auf zentralisierten Krypto-Börsen gesammelt und mit einer konkreten Identität, also einem Klarnamen, verknüpft werden. Wer sich einer transparenten Blockchain bedient, der kann im Zweifelsfall auch außerhalb solcher Plattformen überwacht werden.

Ein Beitrag der Steuerkanzlei Winheller legt nahe, dass Finanzunternehmen öfter Meldungen an das Finanzamt geben, weil sie vermuten, dass ihre Kunden fällige Steuern nicht entrichtet haben. Firmen wie Krypto-Börsen implementieren automatisierte Blockchain-Analyse-Software, die auf solche Verdachtsfälle aufmerksam macht.

Umgehung jeglicher Krypto-Steuern: So geht’s

Wie umgeht man die Krypto-Steuern also auch außerhalb der Spekulationsfrist? Ganz einfach: Man nutzt Technologie zur Verschleierung der Spuren – entweder Dienste wie sogenannte Krypto-Mixer oder vertrauliche Kryptowährungen, deren Blockchain verschlüsselt sind.

Beide Systeme funktionieren ähnlich. Da eine nativ verschlüsselte Blockchain aber viel einfacher und komfortabler funktioniert, konzentriere ich mich auf diese Option.

Damit der Kläger in diesem Fall auf die Zahlung einer Millionensumme hätte verzichten können, hätte er eine vertrauliche Kryptowährung wie Monero gekauft, statt Bitcoin. Dieses Geld hätte er dann von einer Krypto-Börse oder einem ähnlichen Verwahrer an eine Non-Custodial Wallet übertragen.

Von diesem Punkt aus hätte er es auch in eine beliebige weitere Kryptowährung tauschen können. Landet diese dann auf einer frischen Blockchain-Adresse, sind Herkunft und Eigentümer unerfassbar. Diese Verwendung von Monero als Intermediär (oder auch “Tunnel”), ist inzwischen auf mehreren sogenannten Swappern nativ implementiert.

Hier demonstriert der Dienst HoudiniSwap eine Implementierung von Monero als Intermediär. Dabei wurden Ethereum in Monero und diese dann in Solana getauscht. Herkunft und Eigentumsverhältnisse dieser Solana lassen sich ohne Weiteres von nichts und niemandem erkennen. Ein weiterer Dienst mit einem solchen Angebot ist Trocador.app.

Von diesem Zeitpunkt an ist für keinen Außenstehenden mehr zu erkennen, wo sich das Geld aufhält, wie viel Geld vorhanden ist oder wer der tatsächliche Besitzer ist. Abseits verifizierter Konten hätte der Kläger dann beliebig viele Steuerereignisse auslösen können, die niemals aufgefallen wären.

Trifft er dann die Entscheidung, die Kryptowährung zu verkaufen, transferiert er den Betrag in der originalen Währung – also in diesem Fall Monero – zurück an die Krypto-Börse und handelt dort mit ihr.

Selbst wenn ein Nutzer zuerst eine transparente Kryptowährung kauft und diese zu einem späteren Zeitpunkt erst in eine vertrauliche Kryptowährung tauscht, ist ab diesem Moment jegliches Vorgehen verschleiert. Dieser Tausch ist dann aber ebenfalls ein Steuerereignis.

Um ein solches Steuerereignis zu umgehen, könnte die transparente Kryptowährung an einen Krypto-Mixer gesendet werden. Dieses Vorgehen ist aber nur nötig, wenn überhaupt eine besteuerbarer Kursgewinn erzielt wurde.

Da die Besteuerung von Kryptowährungen in Deutschland darauf beruht, dass man die Haltedauer nachvollziehen kann, liegt hier eine strukturelle Schwäche vor. Wird die Pforte zur Krypto-Welt über Zwischenschritte im Unklaren gelassen, kann eine Steuer nicht realistisch veranschlagt werden.

Alle Tätigkeiten, die mit einer vertraulichen Kryptowährung zwischen Aus- und Eingang auf der Krypto-Börse erfolgen, sind geheim. Der Nutzer kann bei richtigem Vorgehen sowohl dem Krypto-Handel frönen als auch Waren und Dienstleistungen erwerben und belässt die Behörden darüber im Dunkeln.

Auch die neue Gesetzgebung durch MiCA und TFR, die ab 2024 aktiv sein soll, beugt dieser Option nicht vor. Zwar verhindert MiCA den direkten Erwerb von vertraulichen Kryptowährungen wie Monero auf zentralisierten Krypto-Börsen in der EU, abseits dessen kann das Zahlungsmittel jedoch immer noch erworben werden.

Schuld daran: Zwischen Kryptowährungen selbst lassen sich keine Barrieren errichten. Wer beispielsweise Bitcoin erwirbt, der kann diese abseits der zentralisierten Börse problemlos gegen jede beliebige weitere Kryptowährung tauschen, weil es immer Swapper-Dienste oder P2P-Handel geben wird.

Anonymisierung von Krypto: Bildliche Darstellung


Gehen wir von dem Fall des Klägers aus, der zunächst Bitcoin auf einer zentralisierten Krypto-Börse erwarb und diese dann nachvollziehbar auf der Handelsplattform gegen andere Kryptos tauschte. Wie hätte er vorgehen müssen, um diese Informationen geheimzuhalten?

In der hier abgebildeten Darstellung sieht man einen vollständigen Ablauf vom Kauf einer Kryptowährung (1-2) bis zum Verkauf (6-7). Beim Handel zwischen Kryptowährungen und Fiatwährungen wird normalerweise die eigene Identität preigegeben. Zwar lässt sich auch das vermeiden, doch ich gehe in diesem Beispiel von einer ordnungsgemäßen Identifizierung aus.

In Schritt 1 hält eine Person eine Fiatwährung in digitaler Form. Daher ist ihre Identität im Regelfall bekannt. In Schritt 2 wird die Fiatwährung an eine zentralisierte Krypto-Börse gesendet, auf der der Kunde ebenfalls mit Klarnamen bekannt ist.

Erwirbt der Nutzer in Schritt 2 eine anonyme Kryptowährung wie Monero und sendet diese an eine Non-Custodial Wallet (Schritt 3), dann ist der Aufenthaltsort und die verbleibende Geldmenge von diesem Punkt an vor den Augen von Behörden oder anderen Beobachtern geschützt.

Der Nutzer kann dann nahezu beliebig Zahlungen vornehmen und Handel mit anderen Kryptowährungen treiben. Gibt er seine Identitä nicht preis, kann er jegliche gesetzliche Vorgaben wie die Spekulationsfrist missachten und muss dennoch keine behördlichen Konsequenzen erwarten, da schlicht und ergreifend keine Informationen preisgegeben werden, auf die sich Behörden stützen könnten.

Ein solcher Handel wird in Schritt 4 dargestellt. Tatsächlich hatte der Kläger seine Bitcoin kurz vor dem Verkauf zwischenzeitlich in andere Kryptowährungen getauscht.

Der Tausch in transparente Kryptowährungen wie hier dargestellt in Bitcoin und Ethereum kann stattfinden, ohne dabei identifiziert zu werden. Wichtig ist jedoch, den Handel nicht über identifizierte Konten auf Krypto-Börsen vorzunehmen, sondern dafür unidentifizierte Konten oder Swapper zu verwenden.

Die möglichen Transaktionen und somit theoretische Steuerereignisse zwischen Schritt 3 und Schritt 5 können beliebig hoch sein. Wichtig ist nur, dass die Person ihre Kryptowährungen anschließend wieder in die anonyme Währung umtauscht, um keine Spuren zur transparenten Blockchain-Historie zu legen.

Auch der Tausch in die anonyme Währung, die hier in Schritt 5 von Monero dargestellt wird, muss folgerichtig ohne Identifizierung stattfinden. In Schritt 6 geht das Geld zurück an die Krypto-Börse, die hier durch Binance symbolisiert wird.

Dabei ist die Identität des Nutzers wieder zu erkennen und das Vorgehen für Behörden sichtbar. Im 7. und letzten Schritt wird die Kryptowährung dann wieder gegen eine Fiatwährung wie Euro verkauft.

Nehmen wir nun an, dass zwischen Schritt 2 und Schritt 6 ein ganzes Jahr liegt, kann kein Verdacht bestehen, dass die Haltefrist nicht eingehalten wurde. Behörden und die Krypto-Börse haben lediglich das Datum des Kaufs und des Verkaufs vorliegen. Alle weiteren Ereignisse sind unbekannt.

Nach diesem Muster könnte eine Person sogar schon vor tatsächlichem Ablauf der Haltefrist behaupten, dass eine Versteuerung nicht notwendig sei, weil für Behörden die Herkunft der anonymen Kryptowährungen nicht zu erkennen ist. In der Praxis würde diese Strategie höchstwahrscheinlich wenig Erfolg haben, wenn denn kein Einkauf sichtbar ist, der diese Aussage stützt.